Verein
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Es muss irgendwann zwischen dem 3. und 8. Bier gewesen sein, als im Januar 1990 eine Gruppe junger Männer mit einer Vorliebe zur Punk-Musik eine Entscheidung trafen, die die Sportlandschaft Westberlins nachhaltig verändern sollte. Im schummrigen Licht einer Schöneberger Kult-Kneipe, dem „Pinguin Club“, fiel ein Satz, der bereits vielen Männern zu später Stunde über die Lippen gegangen ist: „Wir gründen eine Fußballmannschaft!“ Das war übrigens nicht nur der offizielle Ursprung des Begriffs „Schnapsidee“, sondern auch der Start der Karriere eines kleinen Vereins, der im Jahr 2015 seinen größten Umbruch erleben sollte. Doch dazu kommen wir gleich.
Die Geschichte begann im Pinguin Club in der Wartburgstraße 54 in Schöneberg. Die kleine Kneipe, in der früher regelmäßig Musiker wie Die Ärzte oder Die Toten Hosen vorbeischauten, war das Stammlokal einer Fußballergruppe, die sich regelmäßig zum Kicken auf der Reichstagswiese trafen. Wäre damals eine gewisse Rita Süssmuth nicht Präsidentin im Bonner Bundestag und somit auch Hausherrin im Berliner Bundestag gewesen, wäre Polar Pinguin wahrscheinlich nie gegründet worden. Sie war es nämlich, die den Einfall hatte, die Reichstagswiese mit Rosenbüschen zu bepflanzen und somit die zahlreichen Hobbykicker zu vertreiben, die sich zu dieser Zeit dort trafen. So sorgte die Pflanzenfreundin letztlich dafür, dass sich unsere Gründerväter auf die Suche nach einem adäquaten Ersatzfeld machen mussten, was gar nicht so einfach war. Ein Platz war zu hart, ein anderer belegt und ein weiterer schlicht zu weit entfernt. Torwart Schmidty hatte letztlich die entscheidende Idee und trommelte die Truppe im Pinguin Club zusammen. Zu dem Meeting kamen bloß drei weitere interessierte Kicker. Nach einigen Bieren ließ Schmidty die Katze aus dem Sack und legte zwei Papiere auf den Tresen. Ein Standardformular zur Gründung eines Vereins und ein Antrag zur Aufnahme in den Verband für Freizeitfußball. Gosto, Schulze, Rainer, Lasche, Schmidty und seine Freundin Paula unterschrieben. Sechs Unterschriften, eine zu wenig. Zur Vereinsgründung braucht man sieben. Irgendwann gesellte sich Calli dazu. Er war Stammgast im Pinguin und interessierte sich für die kleine Runde, die nervös auf einen siebten Spieler wartete. Kurzentschlossen nahm er den Stift und setzte seinen Kringel drunter. Sieben Unterschriften – und somit rechtsgültig. Der Verein war geboren!
Der „Pinguin Club“ ist also so etwas wie der Brutkasten der Pinguine und gleichzeitiger Namensgeber. Warum man den Zusatz „Polar“ erfand, ist selbst bei den Gründervätern in Vergessenheit geraten. Es hat wohl einfach gut gepasst.
Unter diesem Namen watschelten die Pinguine in den Folgejahren durch verschiedene Freizeitligen. Mal höher, mal tiefer. Anfangs galten sie als die jungen Wilden der Liga, später als etablierter, familiärer Verein gestandener Männchen, die auch ein Auge auf den Nachwuchs haben. Den unmittelbaren Nachwuchs sogar, denn wie es das Glück so will, ist die Pinguin-Brut durchaus talentiert.
Die ersten Jungen wurden schon mit 14-15 Jahren an die Mannschaft geführt, waren bald darauf bereits Stammspieler und beteiligten sich maßgeblich an den bis dahin größten Erfolgen der Freizeittruppe, als die Pinguine das Pokalfinale erreichten oder 2011 den Aufstieg in die erste Freizeitliga schafften. Während sich die Polar-Jugend also mehr und mehr in der Mannschaft etablierte, machten die ersten Älteren die Plätze frei – die Königspinguine schlüpften aus dem Ü-32-Ei.
Durch diverse Zuwanderungen aus allen Teilen der Welt wuchs die Polar-Pinguin-Population stetig an. Auch ihre natürlichen Feinde in der Freizeitliga – die Britischen Löwen oder Prenzlauer Berger Teufel – konnten daran nichts ändern. Doch das Revier in der Freizeitliga wurde irgendwann zu eng und so beschloss die Gruppe, ihren natürlichen Lebensraum zu verlassen und zu neuen Ufern zu ziehen – ab in den organisierten Verbandsfußball.
Der Aufstieg der Schnapsidee geht weiter
Als Neuling mussten die Pinguine 2015 natürlich wieder von ganz unten anfangen, aber bei Weitem nicht von vorne: Die Männchen hatten schon damals die Klasse und Reife für höhere Aufgaben, in der C-Klasse wurden sie direkt Meister und sorgten darüber hinaus auch im Pokal für Tore & Furore. Ein (sehr) gutes Dutzend aus der Gattung der Kleinfeld-Pinguine, die eher auf das Überleben auf engem Raum spezialisiert sind, wurde in ihrer einzigen Saison ebenfalls direkt Meister – das erste Double in der Geschichte des Polar Pinguin!
Mit dem Erfolg kamen allerdings auch Probleme: Der Platz reichte nicht aus und die Pinguine mussten erneut umsiedeln. Die altehrwürdige und unvergessene PolArena (samt Post-Match-DJ Ingo) wird für immer in den Polar-Herzen bleiben. Die neue Heimat liegt seit der Saison 2016/17 an der Markgrafenstraße in Alt-Tempelhof. Damit der sportliche Aufschwung sich nachhaltig fortsetzt, wurde eine Frauenmannschaft ins Boot geholt. Die Pinguinas treten seither auf Kleinfeld an und ließen bereits nach wenigen Spieltagen mit dem ersten Sieg aufhorchen. Aus der Herren-Kleinfeldmannschaft formte sich die #Zweete auf Großfeld und weil auch die Familienältesten ihre Füße einfach nicht stillhalten können, gründete das Pinguinrudel mit der Ü-40 sein bisher erfahrenstes Team.
Am stolzesten ist die gesamte Pinguin-Familie aber auf ihren Nachwuchs, der Anfang 2019 das Licht der Berliner Fußballwelt erblickte. Unsere Pinguinis, die in der hauseigenen Polar Masia ausgebildet werden, watscheln seitdem durch die Juniorenklassen Berlins. Normalerweise ein Anlass, auf den man im Pinguin Club hätte anstoßen wollen. Doch es kam anders. Im Mai 2019 musste nach 33,5 Jahren der geliebte Club, in dem so viele Feste gefeiert, so viele Siege begossen und nicht zuletzt auch so viele Fußballer rekrutiert wurden, geschlossen werden. In früheren Jahren hätte das Ende des Clubs wohl auch das Ende von Polar Pinguin bedeuten können. Doch der Verein war schon zu stark geworden. Und so trägt jede Mannschaft in jedem Spiel auch die Erinnerung an unseren Gründungsort mit auf den Platz. Die Frage, die ein jeder von uns sicher schon zigmal gehört hat: „Woher kommt denn der Name Polar Pinguin? Klingt nach Eishockey!“ führt ohnehin immer wieder in die Geschichten von damals. Und so konnte auch dieser traurige Tag überwunden werden. Der Verein wuchs im Sommer 2020 um eine weitere Ü-32. Ein wirklich edler Jahrgang, der sich zum 30. Geburtstag des Vereins zusammenschloss und unsere „Schnapsidee“ perfekt abrundet. Bereits das achte Polar-Team! Und dank des großen Zuwachses in der Pinguin-Population heißt es in Anlehnung an unsere Gründerväter fast jeden Sommer wieder: „Wir gründen (noch) eine Fußballmannschaft!“
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